Als Führungskraft stehe ich oft vor der Herausforderung, das unternehmerische Denken und Handeln in meinem Team zu fördern. Intrapreneurship, also das interne Unternehmertum, ist ein mächtiges Instrument, um Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Doch wie können wir diesen Geist in unseren Organisationen kultivieren?
Eine der wirkungsvollsten Methoden ist die Schaffung von Freiräumen für innovative Projekte. In meinem Unternehmen haben wir damit begonnen, unseren Mitarbeitern einen Tag pro Woche für eigene Projekte zur Verfügung zu stellen. Diese Zeit können sie nutzen, um an Ideen zu arbeiten, die nicht direkt mit ihren regulären Aufgaben zusammenhängen. Anfangs war ich skeptisch, ob dieser Ansatz nicht zu viel Arbeitszeit “verschwenden” würde. Doch die Ergebnisse haben mich eines Besseren belehrt.
Einige unserer erfolgreichsten Produktinnovationen der letzten Jahre entstanden aus diesen Freiräumen. Mitarbeiter fühlten sich ermutigt, kreativ zu denken und Risiken einzugehen. Sie entwickelten ein stärkeres Gefühl der Eigenverantwortung für den Erfolg des Unternehmens. Diese Freiräume signalisieren Vertrauen in die Fähigkeiten der Mitarbeiter und fördern eine Kultur der Innovation von unten nach oben.
Ein weiterer Ansatz, den ich als sehr effektiv erlebt habe, ist die Etablierung eines internen Ideenwettbewerbs. Wir veranstalten zweimal jährlich einen “Innovation Challenge”, bei dem Teams aus verschiedenen Abteilungen neue Geschäftsideen präsentieren. Die besten Konzepte erhalten Ressourcen zur Weiterentwicklung und Umsetzung.
Dieser Wettbewerb hat mehrere positive Effekte: Er bringt Menschen aus verschiedenen Bereichen zusammen und fördert die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Er schafft Aufmerksamkeit für innovative Ideen im ganzen Unternehmen. Und er gibt Mitarbeitern eine Plattform, um ihre unternehmerischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
Die Vorbereitung und Präsentation der Ideen erfordert von den Teilnehmern, unternehmerisch zu denken – von der Marktanalyse über die Entwicklung eines Geschäftsmodells bis hin zur überzeugenden Darstellung. Selbst wenn nicht alle Ideen umgesetzt werden, ist der Lerneffekt für die Beteiligten immens.
Ein oft unterschätzter Aspekt bei der Förderung von Intrapreneurship sind Mentoring-Programme. Wir haben erfahrene Führungskräfte und erfolgreiche Intrapreneure aus unserem Unternehmen als Mentoren für aufstrebende Talente eingesetzt. Diese Beziehungen bieten jungen Mitarbeitern die Möglichkeit, von der Erfahrung ihrer Mentoren zu profitieren, Netzwerke aufzubauen und ihre unternehmerischen Fähigkeiten zu entwickeln.
Die Mentoren geben nicht nur fachlichen Rat, sondern vermitteln auch die ungeschriebenen Regeln des Unternehmertums – wie man Unterstützung für seine Ideen gewinnt, mit Rückschlägen umgeht oder Ressourcen mobilisiert. Dieses Wissen ist oft genauso wertvoll wie technische Fähigkeiten, wenn es darum geht, innovative Ideen voranzutreiben.
Eine der größten Herausforderungen für Intrapreneure ist oft der Zugang zu Ressourcen. Viele vielversprechende Ideen scheitern, weil sie nicht die nötige Unterstützung erhalten, um über das Konzeptstadium hinauszukommen. Um dem entgegenzuwirken, haben wir einen “Innovation Fund” eingerichtet. Mitarbeiter können Anträge für Seed-Funding stellen, um ihre Ideen zu testen und weiterzuentwickeln.
Dieser Fonds ermöglicht es uns, risikoreichere Projekte zu unterstützen, die möglicherweise nicht durch reguläre Budgetprozesse genehmigt würden. Er senkt die Eintrittsbarriere für Experimente und erlaubt es Mitarbeitern, schnell von der Idee zur Umsetzung zu kommen. Wichtig ist dabei, dass wir Scheitern als Teil des Lernprozesses akzeptieren. Nicht jedes Projekt wird erfolgreich sein, aber jedes liefert wertvolle Erkenntnisse.
Ein oft vernachlässigter Aspekt bei der Förderung von Intrapreneurship ist die richtige Anerkennung und Belohnung unternehmerischer Initiativen. In vielen Unternehmen werden Mitarbeiter hauptsächlich für die Erfüllung ihrer regulären Aufgaben bewertet und belohnt. Um jedoch echtes internes Unternehmertum zu fördern, müssen wir auch die Bereitschaft, Risiken einzugehen und neue Wege zu beschreiten, honorieren.
Wir haben daher unser Leistungsbeurteilungssystem angepasst, um unternehmerisches Verhalten explizit zu berücksichtigen. Mitarbeiter werden nicht nur danach bewertet, wie gut sie ihre definierten Ziele erreichen, sondern auch danach, wie sie zur Innovation im Unternehmen beitragen. Dies kann die Entwicklung neuer Ideen, die Mitarbeit an innovativen Projekten oder die Unterstützung der Initiativen anderer umfassen.
Zusätzlich haben wir spezielle Auszeichnungen für herausragende unternehmerische Leistungen eingeführt. Diese Anerkennung – sei es in Form von Preisen, öffentlichem Lob oder Karrierechancen – sendet ein starkes Signal an alle Mitarbeiter, dass Intrapreneurship geschätzt und belohnt wird.
Die Implementierung dieser Praktiken erfordert Zeit und Engagement. Es reicht nicht aus, sie einfach anzukündigen und zu erwarten, dass sich die Unternehmenskultur über Nacht ändert. Als Führungskräfte müssen wir diese Initiativen kontinuierlich unterstützen und vorleben.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist, eine Kultur zu schaffen, in der Fehler als Lernchancen gesehen werden. Intrapreneurship bringt naturgemäß Risiken mit sich, und nicht jede Initiative wird erfolgreich sein. Wenn Mitarbeiter Angst vor negativen Konsequenzen haben, werden sie zögern, neue Ideen vorzubringen oder Risiken einzugehen.
Wir müssen also aktiv eine Atmosphäre des Vertrauens und der psychologischen Sicherheit schaffen. Dies bedeutet, offen über Fehlschläge zu sprechen, sie als wertvolle Lernerfahrungen zu behandeln und Mitarbeiter zu ermutigen, aus ihnen zu lernen, anstatt sie zu bestrafen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Beseitigung von Hindernissen, die Intrapreneurship im Weg stehen können. Dazu gehören übermäßige Bürokratie, starre Hierarchien oder eine Kultur, die Risikoaversion belohnt. Als Führungskräfte müssen wir bereit sein, bestehende Strukturen und Prozesse zu hinterfragen und anzupassen, wenn sie innovatives Denken behindern.
Die Förderung von Intrapreneurship erfordert auch ein Umdenken in Bezug auf Führung. Anstatt alle Entscheidungen von oben zu treffen, müssen wir lernen, Kontrolle abzugeben und unseren Mitarbeitern mehr Autonomie zu gewähren. Dies kann für viele Führungskräfte eine Herausforderung darstellen, ist aber entscheidend, um das volle kreative Potenzial des Teams zu entfalten.
Ein oft übersehener Aspekt bei der Förderung von Intrapreneurship ist die Bedeutung von Diversität und Inklusion. Teams mit vielfältigen Hintergründen, Erfahrungen und Perspektiven sind nachweislich innovativer. Sie bringen unterschiedliche Sichtweisen ein und können Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Als Führungskräfte müssen wir aktiv daran arbeiten, diverse Teams zusammenzustellen und eine inklusive Umgebung zu schaffen, in der sich alle Stimmen Gehör verschaffen können.
Es ist auch wichtig, den Blick über die Grenzen des eigenen Unternehmens hinaus zu richten. Die Zusammenarbeit mit Startups, Universitäten oder anderen externen Partnern kann frische Ideen und neue Perspektiven in die Organisation bringen. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, Mitarbeiter zu Startup-Events oder Innovationskonferenzen zu schicken und sie zu ermutigen, ihr neu gewonnenes Wissen im Unternehmen zu teilen.
Ein weiterer Aspekt, den ich als entscheidend für den Erfolg von Intrapreneurship-Initiativen erlebt habe, ist die Schaffung von Querverbindungen innerhalb der Organisation. Oft entstehen die besten Ideen an den Schnittstellen verschiedener Disziplinen oder Abteilungen. Wir haben daher begonnen, regelmäßige “Cross-Pollination” Sessions zu organisieren, bei denen Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen zusammenkommen, um Ideen auszutauschen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.
Diese Sessions haben nicht nur zu innovativen Produktideen geführt, sondern auch das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen verbessert. Sie helfen, Silodenken abzubauen und fördern eine ganzheitlichere Sicht auf das Unternehmen und seine Herausforderungen.
Ein oft unterschätzter Faktor bei der Förderung von Intrapreneurship ist die physische Arbeitsumgebung. Wir haben Teile unseres Büros so umgestaltet, dass sie Kreativität und Zusammenarbeit fördern. Flexible Arbeitsbereiche, Ideenwände und Bereiche für spontane Meetings ermutigen zum informellen Austausch und zur Entwicklung neuer Ideen. Auch virtuelle Kollaborationstools spielen eine wichtige Rolle, besonders in Zeiten zunehmender Remote-Arbeit.
Schließlich ist es wichtig, Intrapreneurship nicht als isolierte Initiative zu betrachten, sondern als integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie. Es sollte eng mit den langfristigen Zielen und der Vision des Unternehmens verknüpft sein. Nur wenn Mitarbeiter verstehen, wie ihre innovativen Ideen zum größeren Ganzen beitragen, werden sie motiviert sein, sich voll einzubringen.
Die Förderung von Intrapreneurship ist kein einfacher oder schneller Prozess. Es erfordert Geduld, Ausdauer und die Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen und sich kontinuierlich anzupassen. Doch die Vorteile – von gesteigerter Innovation über höheres Mitarbeiterengagement bis hin zu verbesserter Wettbewerbsfähigkeit – machen diese Anstrengungen mehr als wert.
Als Führungskräfte haben wir die Verantwortung, eine Umgebung zu schaffen, in der unternehmerisches Denken und Handeln gedeihen kann. Indem wir Freiräume schaffen, Ressourcen bereitstellen, Mentoring fördern, Ideen wertschätzen und unternehmerische Initiativen belohnen, können wir das volle kreative Potenzial unserer Teams entfesseln. In einer Welt, die sich ständig verändert, ist dies nicht nur ein Wettbewerbsvorteil, sondern eine Notwendigkeit für langfristigen Erfolg.